Vom Weitblick in den Alpen – Eindrücke aus dem Urlaub

Die Alpen sind wirklich wunderschön und jede Wanderung wert. Viele andere Menschen finden das allerdings auch. Nachdem wir selbst durch duftende Almwiesen auf das etwa 2000 Meter hoch gelegene Fellhorn gewandert sind, und außer einer Wandergruppe und einem Mountainbiker niemanden getroffen haben, stoßen wir am Gipfel auf Scharen an Ausflüglern, die mit Wanderstöcken teilweise mühsam den Grat entlang balancieren.

Entlang des Bergrückens erstreckt sich plötzlich eine regelrechte Stadt – ein Gespinst aus Seilbahnen und massiven Häusern. Mit einem unwirklichen Gefühl mischen wir uns unter die mehreren hundert Menschen und gehen ins Restaurant. Ich nehme dankbar die Gulaschsuppe, um zu Kräften zu kommen. Während ich sie esse, kommen weitere fünf Gondeln mit je dreißig Menschen an.

Auf dem schmalen Grat wandern wir zum nächsten Gipfel, vorbei an drei weiteren Skiliften und Seilbahnen – und an etwa dreihundert Menschen, an denen wir uns vorbeischieben. Zehn Minuten später stehen wir vor dem nächsten mehrstöckigen Restaurant – natürlich mit eigener Seilbahn. Neben dem steil abfallenden Abgrund spielen Kinder auf einem gut eingezäunten Spielplatz. Aus einem 100 Meter tiefer gelegenen künstlich angelegten See wird Wasser hochgepumpt und in einen Bach zum Spielen geleitet.

Ein Infoschild zum Thema Adler erläutert im ersten Absatz, warum Adler so gut sehen können, dass sie eine Maus auf 300 Meter Entfernung erkennen. Ab dem zweiten Absatz wird plötzlich der nicht minder grandiose „Weitblick der Bergbahnen“ gepriesen, welche ein Herz für die Bedürfnisse der Touristen hätten. Die Bergbahnen wurden daher ausgebaut und verbunden, und sind jetzt noch grenzenloser nutzbar.

Wir versuchen uns an den Scharen vorbei zum nächsten Gipfel durchzuschlagen, kommen allerdings nicht richtig dran. Eine Gruppe von Teenagern hat sich den Platz für eine Fotosession ausgesucht. Adler sehen wir keine. Wir lassen uns als Fotographen einspannen und machen ein paar Fotos für uns selbst auf dem Nebengipfel. Dann machen wir uns an den Abstieg.

Am Waldrand der Alm stoßen wir auf eine Armada an Schneekanonen. Sie sehen aus wie Roboter aus Star Wars, die gerade Mittagspause machen. Spätestens im Winter werden sie zum Leben erwachen und für den nötigen Schnee sorgen, den die Scharen an Skitouristen dann brauchen werden. Denn der Klimawandel schreitet in den Bergen sehr viel schneller voran. Bei ähnlich hohen Emissionen wie heute wären selbst die Alpengletscher in den höchsten Lagen bis zum Ende des Jahrhunderts komplett verschwunden. Der Schnee zum Skifahren aber wird wohl schon in wenigen Jahrzehnten nicht mehr reichen, auch mit Schneekanonen nicht. Den verantwortlichen Planern ist der Weitblick zu wünschen, die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen und Konzepte für nachhaltigen Tourismus zu erarbeiten und umzusetzen, statt das letzte bisschen Geld aus einem System zu pressen, welches erst Alpen und dann sich selbst zerstört.